»In jungen Jahren, als Yoga in der Steiermark, wo ich aufwuchs, noch wenig bekannt war, fiel mir in einer Buchhandlung ein Yoga-Taschenbuch von Charles Waldemar auf, das mich nach der Lektüre sogleich zum Praktizieren der bloß skizzierten Yogahaltungen, sowie der Atem- und Konzentrationsübungen motivierte. Weitere Bücher wie z. B. »Ein neues Leben durch Yoga« von Indra Devi, in dem auch schon fotografische Darstellungen von Yogahaltungen zu sehen waren, folgten.
1975 machte mich eine Studienkollegin, die bereits 5 Jahre bei Dr. Susanne Schmida gelernt hatte, auf einen Vortrag von Susanne Schmida an der Wiener Universität aufmerksam und gab mir ihre »Schrift an die revoltierende Generation« zu lesen, die mich so sehr beeindruckten, dass ich mich entschloss auch von ihr zu lernen.
In den Jahren bis zu Susanne Schmidas Tod 1981 konnte ich viel über Yoga-Theorie und -Praxis erfahren und ich verdanke Susanne Schmida meine erste Lehrberechtigung, sodass ich auch zu unterrichten begann.
Nebenbei beschäftigte ich mich auch mit Zen-Buddhismus und konnte bei Hugo Enomiya Lassalle schon 1976 an einem Einführungsseminar in die Zen-Meditation teilnehmen. Über die Jahre durfte ich weitere Meditationserfahrung in zahlreichen Sesshins bei Karl Obermayer, Roshi Nagaya und anderen sammeln.
In meiner Yoga-Praxis orientierte ich mich in den folgenden Jahren zunehmend an der Methode von BKS Iyengar, die mir besonders von Karl Baier, Luise Wörle, Michael Forbes und Gabriella Giubilaro vermittelt wurde. Schließlich durfte ich einige Monate an General und Intensive Classes in Indien bei BKS Iyengar, seinem Sohn Prashant und seiner Tochter Geeta teilnehmen. Später erwarb ich ein Iyengar-Yogalehrer-Zertifikat.
Allmählich wurde mir jedoch klar, dass jeder Mensch, der sich innig auf die Yogaübung einlässt, letztlich seine eigene individuelle Art der Yogapraxis mit den je eigenen Möglichkeiten, aber auch Grenzen und der sich daraus ergebenden Lehrmethode entwickelt. Bestärkt wurde ich später in dieser Auffassung von Aadil Palkhivala, der schon in sehr jungen Jahren intensiv von Iyengar gelernt hatte und später seine eigene, mich sehr ansprechende Art Yoga zu üben und zu vermitteln, entwickelte.
Auf meinem Weg folge ich gern dem Rat von Paulus: »Prüfet alles – das Gute behaltet!« So verdanke ich auch Dona Holleman, Vanda Scaravelli, A. G. Mohan, Donald Moyer, Richard Freeman, Loren Fishman und Erich Schiffmann viele gute Anregungen. Ich bin meinen Lehrern und Schülern sehr dankbar für alles, was ich von ihnen und durch sie lernen konnte.«
Svatmarama, der Autor der »Hatha Yoga Pradipika« hat uns den bemerkenswerten Satz überliefert,
der zu einer wesentlichen Richtschnur meines Übens geworden ist:
»Ist der Atem unruhig, so sind auch die Gedanken unruhig,
beruhigt sich der Atem, so beruhigen sich auch die Gedanken.«
Meine Yogapraxis und meinen Yogaunterricht beginne ich meist mit einigen einfachen aber dennoch fordernden Bewegungen und Haltungen, um die Leibesmitte zu kräftigen und die Ausrichtung (»alignment«) so mühelos wie möglich einzuüben. Das ist die Voraussetzung für ein gutes Gleichgewichtsgefühl in den aufrechten ebenso wie in den Umkehrhaltungen. Viele Muskeln werden dadurch aktiviert, gedehnt und gelockert. In den Gelenken entsteht so mehr Spielraum, Beweglichkeit und zugleich Stabilität. Dabei wird dem Atem Raum und Zeit gegeben, sodass er sich allmählich entfalten und in seinen natürlichen, ruhigen Rhythmus kommen kann.
Die entspannte und durch beständige Achtsamkeit sowie meist mit Bewegung synchronisierte und so vertiefte Atmung bildet die Grundlage für die weitere Übung.
Asana-Praxis, der Hauptteil meines Trainings, ermöglicht eine harmonische Entwicklung von Flexibilität, Dehnung und Festigkeit. Durch regelmäßiges und behutsames Üben zahlreicher Asanas mit ihren Variationen wird die Wirbelsäule – unsere Körperzentrale – in der Mitte des Körpers ausgerichtet, gestärkt und so befreit.
Die Yogahaltungen werden Schritt für Schritt aufgebaut und variiert und damit auch den individuellen Möglichkeiten angepasst, wobei auf die optimale Ausrichtung und Positionierung der einzelnen Körperbereiche zueinander in den jeweiligen Haltungen besonders geachtet wird. Aufrechte Stellungen, Vorbeugen, Rückbeugen, Seitbeugen und Drehungen im Stehen, Sitzen, Knien, Liegen und auf allen Vieren sowie dynamische Bewegungsfolgen, regenerative und Umkehrhaltungen werden ausgewogen geübt. So können Haltungsfehler und daraus entstehende Leiden, wie etwa Rücken- und Nackenschmerzen gebessert und oft sogar ganz behoben werden.
Hilfsmittel wie Wände, Klötze, Kissen, Stühle und andere Gegenstände werden in verschiedener Weise zur Öffnung bzw. Unterstützung bestimmter Körperbereiche oder des gesamten Körpers und zur Erleichterung bei Behinderungen eingesetzt und ermöglichen oft ein tieferes Loslassen.
Das beständige, aufmerksame Üben der Asanas wirkt zentrierend, fördert das äußere und innere Gleichgewicht und das leibseelische Wohlbefinden.
Pranayamas (spezielle, vor allem den Atem dehnende, anhaltende und verfeinernde Übungen) vertiefen die innere Ruhe und lassen uns mit unserem Wesenskern – dem Atman – in Berührung kommen.
Der Yoga ist für mich eine Weise zur Mitte zu finden und das Leben zu feiern. Es freut mich sehr, mich an seiner Verbreitung beteiligen zu dürfen.